Effizienter und ressourcenschonender Wasserstofftransport mittels Dimethylether

EARTH2

Der kostengünstige und effiziente globale Handel von grünem Wasserstoff, gespeichert z. B. in Form von Dimethylether (DME), legt den Grundstein für die Defossilisierung der Industrie. Das Projekt »EARTH2« (Efficient And Resource-saving Transport of Hydrogen using dimethyl ether) zielt auf die Industrialisierung eines innovativen und effizienten chemischen Verfahrens zur Herstellung des Wasserstoffträgers DME ab. Der neuartige Prozess mittels Reaktivdestillation, bei dem durch Kopplung von Synthese und Destillation das thermodynamische Reaktionsgleichgewicht umgangen wird, reduziert den Energiebedarf, die Anlagenkomplexität und die Investitionskosten. Gefördert von der Fraunhofer-Zukunftsstiftung soll das Verfahren zur DME-Herstellung in die industrielle Anwendung gebracht werden.

© Fraunhofer ISE / Foto: Joscha Feuerstein
PN50 Druckdestillationskolonne mit einer Gesamthöhe von 7,5 Metern. Die Kolonne kann sowohl im Vakuum als auch bis zu 40 bar Überdruck betrieben werden.

Ausgangslage

Wasserstoff ist für die Umstellung auf eine CO2-neutrale Industrie in vielen Sektoren wie z. B. der Stahlerzeugung alternativlos. Durch das begrenzte Potenzial Deutschlands für die Erzeugung erneuerbarer Energie kann der benötigte Wasserstoff jedoch nur limitiert und zu verhältnismäßig hohen Kosten im Inland produziert werden. Eine erfolgreiche Defossilisierung der deutschen Industrie bei gleichzeitiger Sicherung der ökonomischen Konkurrenzfähigkeit erfordert daher einen kosteneffizienten Import von grünem Wasserstoff nach Deutschland.

DME könnte in diesem Zusammenhang durch seine hohe Wasserstoffspeicherkapazität und Umweltfreundlichkeit als hervorragender Wasserstoffträger dienen. Zudem fällt bei der DME-Herstellung Wasser als Nebenprodukt an, das bei der Wasserelektrolyse wieder zugeführt werden kann. Somit kann der Wasserbedarf in den sonnenreichen, häufig von Wasserarmut geprägten Erzeugungsländern gesenkt werden.

Die Herstellung von DME erfolgt aktuell jedoch über ein aufwändiges und energieintensives Verfahren, wodurch die Gesamteffizienz der Umwandlung von erneuerbarer Energie in DME reduziert wird.

Konventionelles Verfahren zur DME-Herstellung.
© Fraunhofer ISE
Konventionelles Verfahren zur DME-Herstellung.

Ziel

Das am Fraunhofer ISE entwickelte INDIGO-Verfahren auf Basis der Reaktivdestillation verspricht eine Effizienzsteigerung und Kostenreduktion. Für eine Markteinführung des Verfahrens muss jedoch zunächst nachgewiesen werden, dass die Funktionsweise und Vorteilhaftigkeit des Verfahrens auch im größeren Maßstab gesichert ist, da der Bau kommerzieller chemischer Anlagen ein erhebliches Investment bedeutet.

Im Rahmen des Projekts soll in Kooperation mit dem Industriepartner thyssenkrupp Uhde der technologische Reifegrad des vom Fraunhofer ISE entwickelten innovativen und effizienten Verfahrens zur Herstellung von DME erhöht und die industrielle Umsetzung vorbereitet werden. Hierzu sind Untersuchungen auf einer größeren Skala unter realen industriellen Rahmenbedingungen essenziell.

INDIGO-Verfahren zur DME-Herstellung
© Fraunhofer ISE
Am Fraunhofer ISE entwickeltes INDIGO-Verfahren

Lösung

Wir haben ein Verfahren zur DME-Herstellung durch Reaktivdestillation entwickelt, das durch simultan stattfindende Synthese und Destillation die vollständige Umsetzung zu DME in einem Schritt und damit eine enorme Prozessvereinfachung im Vergleich zum konventionellen Verfahren erlaubt.

Weiterhin bietet das Verfahren folgende einzigartige Vorteile:

  • Nutzung von Rohmethanol als Feedstock ohne vorherige thermische Aufbereitung
  • Integration der wärmefreisetzenden Reaktion in die Reaktivdestillationskolonne → Energieautarkes Verfahren ohne externen Wärmebedarf, das sich daher insbesondere für geographische „Sweet Spots“ zur Erzeugung erneuerbaren Stroms eignet, die häufig in abgelegenen Regionen mit geringer Infrastruktur liegen
  • Maximierung der Prozess- und Kosteneffizienz, da im Gegensatz zum konventionellen Verfahren keine Energie für die Wärmebereitstellung aufgewandt werden muss
  • Nutzung eines Katalysators mit bis zu 400 % höherer Reaktionsgeschwindigkeit als herkömmliche Katalysatoren

Konkret soll in obigem Projekt ein Scale-up des Verfahrens anhand einer 7,5 Meter hohen Reaktivdestillationskolonne durchgeführt werden. Durch die hohe Druckstabilität der Anlage kann das Verfahren im idealen Betriebsbereich mit maximaler Produktionsleistung untersucht werden. Um die kommerzielle Umsetzung so einfach wie möglich zu halten, kommen hierbei ausschließlich industriell etablierte Komponenten zum Einsatz.

Als Rohstoff kommt auch reales Rohmethanol zum Einsatz, das neben dem Nebenprodukt Wasser auch ein Spektrum an Nebenprodukten der vorangegangenen Methanolsynthese beinhaltet. Das genaue Verhalten der Nebenprodukte im Prozess wird detailliert untersucht.

Weiterhin sollen die Katalysatorstabilität genauer untersucht und industriell umsetzbare Betriebsstrategien entwickelt werden, welche die Lebensdauer des Katalysators maximieren und so zu einer Minimierung der Herstellkosten beitragen.

Wasserstoffträger DME
© Fraunhofer ISE
Effizienter Wasserstoffhandel durch den Wasserstoffträger DME in einem geschlossenen Kohlenstoffkreislauf.

Publikationen

Nachhaltigkeitsziele

Das Forschungsprojekt »EARTH2« trägt in diesen Bereichen zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele bei:

Weitere Informationen zu diesem Forschungsthema:

Arbeitsgebiet

Herstellung nachhaltiger Syntheseprodukte

Geschäftsfeldthema

Nachhaltige Syntheseprodukte

Geschäftsfeld

Wasserstofftechnologien