Sanierungslösungen für Wohnungseigentümergemeinschaften
An den vier Standorten Land Bremen, Freiburg, Region Hannover und Metropolregion Rhein-Neckar wurde bis Mitte 2022 ein Modellprojekt zur Unterstützung von Sanierungen in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) umgesetzt. Hier schlummert viel Potenzial: etwa ein Viertel der Wohnungen in Deutschland liegt in Wohnungseigentümergemeinschaften – und diese haben mit 0,7 Prozent eine unterdurchschnittliche Sanierungsquote. Jetzt wurde das Projekt »WEG der Zukunft« vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE evaluiert: Die Informations- und Beratungsangebote des Projekts wurden umfassend und mit nahezu durchweg positiver Resonanz angenommen – umfangreiche Sanierungen werden aber noch aufgeschoben. Wie lässt sich das erklären?
Wohnungseigentümergemeinschaften haben es in Sachen energetische Sanierung traditionell etwas schwerer: Die Interessen der Eigentümerinnen und Eigentümer divergieren, die Entscheidungsfindung ist oft langwierig und nicht selten fehlen auch Rücklagen. Trotzdem ist das Interesse vieler Eigentümergemeinschaften am Thema hoch. Dies bestätigt auch Christoph Felten, der für die Standorte Bremen und Bremerhaven das Projekt koordiniert hat: »Nicht nur unsere Beratungsangebote vor Ort, sondern auch unsere Fortbildungsangebote für Hausverwaltungen und Energieberatende wurden sehr gut angenommen. Es gab viel mehr Interesse, als wir zu Projektbeginn angenommen haben – und das bereits vor Einsetzen der Energiekrise.«
Dass die Unabhängigkeit von Öl und Gas aus Drittländern vor 2022 noch keines der Hauptmotive zur Inanspruchnahme einer Energieberatung war, bestätigt auch die Studie des Fraunhofer ISE: Das Interesse an unabhängiger Beratung, notwendige Instandhaltungsmaßnahmen sowie der Wunsch, Heizenergie und Energiekosten einzusparen, waren die wesentlichen Treiber für die Sanierungsberatung.
Mit der Beratungsleistung selbst waren die Beratenen laut Studie zufrieden, trotzdem haben sich nur rund ein Viertel bereits für eine Sanierung entschieden. Mehr als die Hälfte der Befragten gab an, dass eine Entscheidung noch ausstünde. Dies scheint einmal mehr die langwierigen Entscheidungswege in WEG zu untermauern, die in zahlreichen Studien zum Thema skizziert werden. Diesen Aspekt beleuchteten auch die im Rahmen der Fraunhofer ISE-Evaluation durchgeführten Fokusgespräche, die unter anderem die Gründe fehlender Einigung für die Sanierungsvorhaben beleuchteten. Genannt wurden hier beispielsweise das geringe Sanierungsinteresse vermietender oder älterer Eigentümerinnen und Eigentümer , die komplette Verweigerung des Dialogs oder die fehlende Bereitschaft für Sanierungsvorhaben, die keinen deutlich kostensenkenden Effekt auf die eigene Wohnung haben. Obwohl die Fokusgespräche nicht als repräsentativ, sondern eher als exemplarisch einzustufen sind, zeigen die Aussagen der Befragten, dass eine gute Beratung allein nicht automatisch zu umfangreichen Sanierungsbeschlüssen führt. Besonderes Gewicht für einen Sanierungsbeschluss hat eine gute Vermittlung der Beratungsergebnisse auf der Eigentümerversammlung.
Aus Klimaschutzsicht wären solche Beschlüsse nämlich dringend notwendig: Würde die mit 0,7 Prozent unterdurchschnittliche Sanierungsquote in WEG auf 2 Prozent gesteigert, wären die notwendigen Energieeinsparungen im Gebäudesektor realistisch.
Da das Projekt »WEG der Zukunft« von der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördert wurde, hat die Studie der Abschätzung der durch das Projekt angestoßenen CO2-Einsparung eine besondere Bedeutung beigemessen. Bei konservativer Schätzung hat das Projekt mit seinen Beratungs- und Informationsangeboten vermutlich rund 275.000t CO2-Emissionen eingespart.
Nicht nur deswegen ist das Fazit der Evaluation positiv. »Obwohl die Entscheidungswege nach wie vor langwierig sind«, sagt Sebastian Gölz, Teamleiter Nutzerverhalten und Feldtests vom Fraunhofer ISE, »haben der Beratungsansatz und die im Projekt entwickelten Formate den Entscheidungsprozess vorangebracht und darüber hinaus zu einer höheren Energieeffizienz der Modernisierungsmaßnahmen beigetragen als ursprünglich geplant.«. Auch die Projektteams in den Regionen (Bremer Klimaschutzagentur energiekonsens, Energieagentur Regio Freiburg, Klimaschutzagentur Region Hannover, MRN GmbH sowie co2online, die für die bundesweite Pressearbeit verantwortlich waren), setzen sich für eine Verstetigung ihrer Angebote ein. »Wohnungseigentümergemeinschaften brauchen eine besondere Unterstützung, wenn Sanierungen rascher und umfassender durchgeführt werden sollen«, meint Anne Hillenbach von der Energieagentur Freiburg. Wie die anderen Beteiligten hofft sie daher auf Folgeprojekte, die in WEG den oft so wichtigen ersten Impuls für die Sanierungsplanung bieten.
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