Bis 2050 wird weltweit ein Zubau von etwa 73 Terawatt allein an installierter Photovoltaik-Leistung erwartet. Dabei unterliegt die PV-Branche einem enormen Kostendruck. Durch technologische Fortschritte und Skaleneffekte bei der Herstellung konnte der Preis pro installiertem kWp um ca. 14 % pro Jahr gesenkt werden. Die Installationskosten und die BoS- Hardwarekosten machen jedoch inzwischen einen Anteil von über 40% der Gesamtkosten aus. Zukünftig haben Einsparungen in diesem Bereich also einen deutlich größeren Einfluss auf den Gesamtpreis. Mittelspannung ist ein wesentlicher Hebel bei der Reduzierung der Energieerzeugungskosten.
Höhere Systemspannungen reduzieren Leitungsströme. Dies führt zu Einsparungen an verschiedenen Punkten, u.a. können die Leitungsquerschnitte stark reduziert und folglich Rohstoffe z.B. in Kupfer- und Aluminiumleitungen eingespart werden. Eine Verdopplung der Ausgangsspannung (also eine Halbierung des Stromes) führt zu einer Einsparung beim Leiterquerschnitt von ca. 75%. Laut »Global Critical Minerals Outlook 2024« der Internationale Energie-Agentur IEA wird ab 2025 der Kupferbedarf das angekündigte Angebot übersteigen weshalb mit steigenden Rohstoffpreisen in der Zukunft zu rechnen ist. Auch die Europäische Union hat in einer Studie über kritische Rohstoffe Aluminium als weiteren kritischen Rohstoff mit hoher wirtschaftlicher Bedeutung und hohem Versorgungsrisiko identifiziert. Bei den Leitungen liegt das Einsparpotenzial jedoch nicht nur bei den reinen Materialkosten. Zusätzlich sind auch die Verlegung und der Anschluss kleinerer Querschnitte deutlich einfacher und senken so die Installationskosten.
Ein weiterer Vorteil der Mittelspannung: durch die erhöhte Spannung kann auch die Leistung der Subsysteme erhöht werden. Heutige PV-Kraftwerke nutzen meist Subsysteme in der Größe zwischen 3 und 5 MVA, deren Leistung auf Grund der großen Kupferquerschnitte in der Niederspannung nicht wesentlich erhöht werden kann. Wechselt man in die Mittelspannung, kann ein Trafo mit dem gleichen Querschnitt eine höhere Leistung übertragen (10-12 MVA bei 1.500 V). Bei gleicher Kraftwerksgröße resultiert daraus eine geringere Anzahl an Transformatoren und Schaltanlagen. Dies führt auch hier zu weniger Baumaßnahmen und geringeren Installationskosten bei gleichzeitig freiwerdenden Flächen für weitere PV-Module.
Der Schritt in die Mittelspannung (MS) auf Systemebene wurde durch die Entwicklung hochsperrender Siliziumkarbid-(SiC)-Bauelemente für leistungselektronische Systeme (z.B. PV-Wechselrichter) ermöglicht. Diese sind inzwischen mit Spannungsklassen bis zu 3,3 kV marktverfügbar. Im Projekt »MS-LeiKra« wurde am Fraunhofer ISE die technische Machbarkeit mit dem weltweit ersten MS-PV-Stringwechselrichter (Ausgangsspannung 1.500 VAC bei einer Leistung von 250 kVA) nachgewiesen. An ersten MS-PV-Pilotanlagen wird derzeit gearbeitet.
Trotz stetig steigender Ausgangsleistungen von PV-Wechselrichtern stagniert seit 2018 der Anstieg der Systemspannung. Dies liegt in der Definition der Niederspannung begründet, die bei 1.500 VDC bzw. 1.000 VAC endet. Auf diesen Grenzwert beziehen sich alle PV-spezifischen Normen bisher. Eine weitere Erhöhung ist aktuell normativ gehemmt, da bestehende PV- Normen zunächst angepasst und an Grundnormen aus dem Geltungsbereich der Mittelspannung angepasst bzw. erweitert werden müssen. Hierzu hat sich ein europäisches Konsortium mit Vertretern aller an einem PV-Großkraftwerk beteiligten Gewerke gebildet, welches die für den Sprung in die Mittelspannung nötigen technologischen und normativen Voraussetzungen gemeinsam angeht. Es ist daher nicht mehr die Frage, ob die Technologie Einzug halten wird, sondern welche Akteure zuerst in diesem aussichtsreichen Markt aktiv werden.
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