News #38

Forschung für eine großskalige Produktion von grünen Wasserstoffträgern in Chile

Mehrere Fraunhofer-Institute und Einrichtungen, darunter das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, und weitere Partner arbeiten am Aufbau einer großskaligen Produktion von grünem Wasserstoff und seinen Folgeprodukten in Chile. Kern des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts ist es, die Herstellungspotenziale von Wasserstoff und flüssigen Kraftstoffen aus Solarenergie zu erforschen. Neben den technischen Fragen untersuchen die Projektpartner auch die wirtschaftlichen, logistischen und sozio-ökonomischen Aspekte. Dabei unterstützen sie außerdem die Installation einer Pilot-Produktionsstätte für die Produktion von klimaneutralem Methanol und Dimethylether in Chile.

Konzentrierende Solarthermie-Anlage im Norden Chiles
© Fraunhofer Chile, Frank Dinter
Konzentrierende Solarthermie-Anlage im Norden Chiles.
Kick-off Meeting in Kassel zum Start des Power-to-MEDME Projektes
© Fraunhofer IEE
Kick-off Meeting in Kassel zum Start des Power-to-MEDME Projektes.
Logo Power-to-MEDME
© Fraunhofer IEE
Logo Power-to-MEDME

Mit »REPowerEU« hat sich die Europäische Union (EU) das Ziel gesetzt, bis 2030 zehn Millionen Tonnen erneuerbaren Wasserstoff aus angrenzenden Staaten, aber auch aus Übersee zu importieren, um fossile Brennstoffe in allen Sektoren in Europa zu ersetzen. Chile hat ein hervorragendes Solarpotenzial, stabile ökonomische Bedingungen und kann einen wichtigen Beitrag für die Erzeugung von grünem Wasserstoff und Derivaten leisten – und damit auch eine zentrale Rolle bei der Versorgung der EU und Deutschlands mit den klimafreundlichen Energieträgern einnehmen.

Im Gesamtprojekt »Power-to-MEDME« wollen die Beteiligten das Potenzial Chiles zur Produktion CO2-neutraler Energieträger erschließen. Ein Baustein ist das Investitionsprojekt der Linde GmbH im Norden Chiles, die dort eine Pilotanlage errichten wird, um je nach Marktlage grünes Methanol oder Dimethylether (DME) im Megawatt-Bereich zu produzieren. Das dafür benötigte Kohlendioxid liefert eine chilenische Zementfabrik, deren CO2-Ausstoß abgeschieden wird. Grünes Methanol und DME lassen sich unter anderem als Kraftstoffe für den Transportsektor einsetzen. Konkret ist im Projekt vorgesehen, die vorhandenen Schwerlastfahrzeuge im Bergbau vor Ort mit diesen Kraftstoffen zu betanken. Den benötigten Strom liefert ein lokales Solarwärmekraftwerk.

Parallel dazu und entlang der gesamten Wasserstoff-Prozesskette werden die Beteiligten im Begleitforschungs-Projekt die Herstellung dieser Power-to-X-Produkte optimieren und auch mögliche lokale und internationale Absatzmärkte und Geschäftsmodelle bewerten und einheimische Fachkräfte für den Aufbau und Betrieb von Produktionsanlagen schulen. »Die Beteiligten im Investitions- und im Forschungsprojekt werden sich untereinander austauschen und so der chilenischen Wasserstoffindustrie Vorschub geben.«, konstatiert Robert Szolak, Abteilungsleiter »Nachhaltige Syntheseprodukte« am Fraunhofer ISE und einer der Ideengeber des Projekts. »Der geplante Standort ist dazu einer der attraktivsten weltweit, weil er die außergewöhnlichen solaren Einstrahlungsbedingungen mit einer sehr gut ausgebauten Infrastruktur, ein Zulieferökosystem, die Anbindung an Industriehäfen und einen der weltweit größten Bergbaudistrikte zur lokalen Nutzung von grünem Wasserstoff und seiner Derivate verbindet.«, so Szolak weiter.

Das Fraunhofer ISE arbeitet in diesem Projekt an einer neuen Syntheseroute von Dimethylether. »Hintergrund ist, dass das konventionelle DME-Herstellungsverfahren aufgrund der großen Anzahl von Prozessschritten und des hohen externen Wärmebedarfs unzureichend ist.«, erklärt Malte Semmel, Wissenschaftler am Fraunhofer ISE. »Wir haben ein effizienteres und kompakteres Verfahren zur Herstellung von erneuerbarem DME aus Wasserstoff und CO2 entwickelt und im Labormaßstab dessen Machbarkeit demonstriert.« Im Projekt soll das Verfahren nun weiterentwickelt und im Technikumsmaßstab aufgebaut werden.

Zudem wird das Fraunhofer ISE mit einer Standortanalyse geeignete Plätze für die Errichtung Erneuerbarer Energieanlagen und für den Aufbau einer großskaligen Prozesskette hin zu grünen Wasserstoffderivaten identifizieren. Die Forschenden bewerten dabei auch den Einsatz sogenannter Konzentrierender Solarthermie (Concentrated Solar Power, CSP). Sie führen zudem technoökonomische Analysen durch, unter anderem zur Kalkulation der Gestehungskosten. In einem weiteren Arbeitspaket untersucht das Fraunhofer ISE mögliche Schadstoffemissionen, die beim Einsatz von DME als Kraftstoff in Nutzfahrzeugen entstehen können und entwickelt Strategien und Maßnahmen zu deren Reduzierung. Dabei greifen die Forschenden auf die Erfahrungen rund um Aufbau und Patentierung der von Fraunhofer entwickelten CatVap®-Technologie zurück.  

Die Koordination dieses Forschungsprojektes Power-to-MEDME-FuE liegt in den Händen des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE. Neben dem Fraunhofer ISE und Fraunhofer Chile sind das Fraunhofer-Institut für Mikrotechnik und Mikrosysteme IMM, das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC, Fraunhofer-Zentrum für Hochtemperatur-Leichtbau HTL, das Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP, Zentrum für Angewandte Nanotechnologie, der Lehrstuhl für Thermodynamik mobiler Energiewandlungssysteme der RWTH Aachen und das Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie FiBS am Projekt beteiligt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert das Vorhaben mit über 11 Millionen Euro.

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