Presseinformation #14
Kontaktloses Verfahren zur Leistungsmessung für rückseitenkontaktierte Solarzellen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE haben ein Messverfahren entwickelt, mit dem sich die Leistung von rückseitenkontaktierten Solarzellen berührungslos in der Fertigungslinie bestimmen lässt. Die Messung der Strom-Spannungs-Kennlinie ist der wichtigste Test bei der Qualitätskontrolle von Solarzellen. Der Wegfall der physischen Kontaktierung der Solarzelle spart Zeit und erlaubt damit signifikant höhere Durchsätze in der Produktion. Des Weiteren eliminiert es die mechanische Belastung der Solarzellen beim Messen und reduziert die Wartungskosten des Messsystems. Die Forschenden erprobten das Verfahren zum ersten Mal im Jahr 2022 und konnten es nun erfolgreich in einem fertigungsnahen Umfeld auf IBC- (Interdigitated Back Contact) Zellarchitekturen übertragen.

Grundlage des neuen Messverfahrens sind Photolumineszenz- und kontaktlose Elektrolumineszenzbilder bei unterschiedlichen Anregungsbedingungen sowie spektrale Reflexionsmessungen. In Kombination mit einem Modell können hieraus die vollständige Strom-Spannungs-(IV-)Kennlinie und damit die Leistungsparameter der Solarzelle wie Leerlaufspannung, Kurzschlussstromdichte, Füllfaktor und Wirkungsgrad abgeleitet werden. Die kontaktlose Leistungsmessung ist von besonderem Vorteil bei schwer kontaktierbaren Solarzellen, wie z.B. Rückseitenkontaktsolarzellen. Sie verringert aber auch das Risiko einer Beschädigung der immer dünner werdenden Zelle und kann die Messzeit innerhalb des Fertigungsprozesses verkürzen. Zudem ermöglicht die kontaktlose Messung einen höheren Anlagendurchsatz, sodass die Investitionskosten beim Aufbau neuer Fertigungslinien gesenkt werden können.
»Die Ergebnisse der herkömmlichen, kontaktierenden Messung und des neuen kontaktlosen Messverfahrens zeigen bei unseren Versuchen im Vergleich eine sehr gute Übereinstimmung«, sagt Dr. Johannes Greulich, Gruppenleiter Inline-Solarzellenanalytik und Simulation am Fraunhofer ISE. »Die für einen Einsatz in der industriellen Massenfertigung erforderlichen Anpassungen und eine beschleunigte Messung des Rückwärtsverhaltens wollen wir in einem künftigen Forschungsprojekt mit Partnern entwickeln.«
Neue Effizienzrekorde für Silizium-Solarzellen werden seit einigen Jahren mit IBC-Zellarchitekturen erzielt, auch den aktuellen Rekord von 27,8 Prozent Effizienz hält eine rückseitenkontaktierte Solarzelle. Da sich bei dieser Zellarchitektur beide Metallkontakte auf der Rückseite befinden, müssen die Zellen zur Qualitätskontrolle einseitig von der Rückseite kontaktiert werden, was spezielle Kontaktiereinheiten erfordert und den Durchsatz aufgrund der Komplexität des Kontaktiervorgangs stark limitiert. »Unsere kontaktlose Methode eignet sich deshalb besonders zur Messung dieser einseitig metallisierten Solarzellen sowie der Bottom-Zellen von Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen, die überhaupt keine Kontakte haben«, ergänzt Johannes Greulich.
»Die inline-fähige, kontaktlose Solarzellen-Leistungsmessmethodik stößt die Tür zu einer Produktivitätssteigerung in Richtung von mehr als 10.000 Wafern pro Stunde und zur Herstellung noch dünnerer Solarzellen weit auf. Mit dieser Innovation ermöglichen wir eine kosteneffizientere Realisierung großskaliger Solarzellenproduktionen der nächsten Generation«, ergänzt Bereichsleiter Dr. Ralf Preu.
Das Fraunhofer ISE betreibt in seiner Forschungslinie PV-TEC einen automatisierten Solarzellentester, der unter anderem sowohl kontaktierte IV-Messungen als auch kontaktlose Messungen an Solarzellen bis zum G12-Format (210 mm x 210 mm) sowie an Schindelsolarzellen in hoher Stückzahl ermöglicht. In der ihrer neusten Studie vermaß das Forschungsteam 150 IBC-Solarzellen unterschiedlicher Wirkungsgrade sowohl mit dem kontaktlosen Ansatz als auch klassisch kontaktiert mit einem Flasher der halm elektronik GmbH und verglich die Ergebnisse. Die Entwicklung des Messansatzes wurde im Rahmen des Forschungsprojekts »NextTec« durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMWK sowie im Rahmen einer Promotion von der Studienstiftung des deutschen Volkes e.V. gefördert.
Interessierte Besucherinnen und Besucher der Smarter E Europe / Intersolar können sich über das kontaktlose Messverfahren und weitere Charakterisierungsverfahren für Solarzellen am Messestand des Fraunhofer ISE informieren.
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