Das Fraunhofer ISE entwickelt, optimiert und prüft Wärmespeichersysteme für den Hochtemperaturbereich bis 1400 °C. Eingesetzt werden diese Speicher überall dort, wo eine zeitliche Entkopplung zwischen Wärmebereitstellung und Wärmenutzung gewünscht ist: Im industriellen Umfeld, z.B. zur Wärmerückgewinnung sowie für Power-to-Heat-Anwendungen, oder in solarthermischen Kraftwerken, wenn gespeicherte Solarwärme nachts zur Stromerzeugung genutzt werden soll. Die technische Möglichkeit, große Mengen erneuerbarer Energien auf hohem Temperaturniveau kostengünstig zwischenzuspeichern, hat ein breites Anwendungsspektrum und trägt signifikant zur Dekarbonisierung von Prozessen bei. Auch für die Bereitstellung von industrieller Kälte können thermische Speicher vorteilhaft eingesetzt werden. Während in Kraftwerken und in der Industrie eher Hochtemperaturspeicher zum Einsatz kommen, sind im Gebäudebereich Wärme- und Kältespeicher bei tieferen Temperaturen eher relevant.
Die FuE-Leistungen des Fraunhofer ISE reichen von der Material- und Komponentenentwicklung bis zur Optimierung eines Speichers für den entsprechenden Anwendungsfall und der Integration in das jeweilige Gesamtsystem. Für alle Entwicklungsschritte verfügen wir über umfangreiche praktische Erfahrung aus existierenden Anlagen. Zur Validierung von numerischen Simulationen und zum Test von Komponenten und Systemen betreiben wir ein speziell eingerichtetes Hochtemperatur-Technikum.
Das Fraunhofer ISE erforscht und entwickelt Lösungen für verschiedene Speichertechnologien:
Sensible Wärmespeicher
Bei sensiblen Wärmespeichern zeigt sich die Zufuhr oder Entnahme thermischer Energie fühlbar (sensibel) durch eine Änderung der Temperatur des Speichermaterials. Je nach gewünschtem Temperaturbereich werden Wasser (bis 100 °C), Thermalöl (bis 400 °C), Salzschmelzen (bis 700 °C), sowie Füllkörperspeicher oder Festkörperspeicher z.B. mit Luft als Wärmeträgerfluid (bis 1400 °C) eingesetzt. Mit unserer Erfahrung in den unterschiedlichen Speichertechnologien sind wir in der Lage, für einen weiten Temperaturbereich und für den jeweiligen Einsatz die optimale Speicher-Technologie auszuwählen und anzupassen.
Sensible Wärmespeicher werden entweder als Flüssigkeits-Eintankspeicher mit Thermokline ausgeführt, in denen eine vertikale Trennung zwischen kaltem und warmem Speichermedium besteht. Alternativ werden Zweitanksysteme gebaut, in denen das Speichermedium bei Be- und Entladung von einem Tank in den anderen gepumpt wird. Sensible Wärmespeicher auf Basis von Nitratsalz-Schmelzen kommen in solarthermischen Kraftwerken oder CSP/PV-Hybridkraftwerken zum Einsatz, wo sie durch die Pufferung großer Energiemengen eine zeitlich bedarfsorientierte Stromerzeugung auch lange nach Sonnenuntergang ermöglichen.
FuE-Fragestellungen bestehen z.B. in Bezug auf die Materialwahl, die Verbesserung der Trennung von heißen und kalten Zonen sowie in der Entwicklung optimierter Be- und Entladestrategien.
Latentwärmespeicher
Latentwärmespeicher nutzen in erster Linie die Änderung des Aggregatzustands eines Phasenwechselmaterials zur Speicherung und verändern beim Lade- und Endladevorgang im Bereich des Phasenwechsels ihre Temperatur nur geringfügig. Im Falle eines Phasenübergangs fest-flüssig entspricht die latente Wärme der Schmelz- bzw. Kristallisationswärme des Speichermaterials. Die konstante Temperatur bei der Ausspeicherung von Wärme und eine potenziell hohe Energiedichte zählen zu den Vorteilen von Latentwärmespeichern gegenüber rein sensiblen Speichern.
Als Speichermaterialien kommen – je nach gewünschtem Temperaturniveau – organische Stoffe, Salze oder Metalllegierungen mit Phasenübergängen zwischen -30 °C und 1400 °C zum Einsatz. Mögliche Bauformen von Latentwärmespeichern umfassen Mikro-Verkapselung, Makro-Verkapselung oder Einbettung eines Wärmetauschers.
Die Entwicklung, Charakterisierung und Auswahl geeigneter Phasenwechselmaterialien sowie die Erforschung effizienter Methoden zur Wärmeübertragung stehen im Mittelpunkt der Aktivitäten des Fraunhofer ISE in diesem Themenfeld.
Sorptionsspeicher
Sorptionsspeicher sind Wärmespeicher, die auf der physikalischen Wechselwirkung zwischen zwei Stoffen, dem Sorbent und dem Sorbat, beruhen. Häufig wird die Anlagerung von Gasen an porösen Materialien (Adsorption) wie Silikagele, Zeolithe oder Metallorganischen Gerüstmaterialien (engl. Metal Organic Framework, MOF) genutzt, aber auch die Absorption eines Gases in einer Flüssigkeit findet Anwendung. Bei thermochemischen Speichern wird die chemische Bindung zwischen zwei Stoffen zur Wärmespeicherung genutzt. Beispiel hierfür ist die Hydratation (Wasseranbindung) von Salzen wie CaCl2, MgCl2 oder MgSO4. Beide Konzepte bieten eine quasi verlustfreie Möglichkeit, Wärme zu speichern. Im Vergleich zu sensiblen Speichern bieten Sorptions- und thermochemische Speicher höhere Speicherdichten. Allerdings sind bei ihrem Einsatz komplexere Systeme und tendenziell höhere Investitionskosten im Vergleich zu rein sensiblen Speichern notwendig. Daher ist eine umfassende Analyse des Systems, der Randbedingungen, des Materials, des Reaktordesigns und damit der Wärmegestehungskosten unabdingbar, um die Vor- und Nachteile verschiedener Speicherlösungen zu ermitteln.