Grünes Ammoniak ist ein kleines Molekül mit hohem wirtschaftlichem Potential. Es wird aus grünem Wasserstoff und Luftstickstoff gewonnen und kann als chemischer Grundstoff, in der Landwirtschaft, als Wasserstoffträger sowie direkt als Treibstoff oder zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Grünes Ammoniak kann unter anderem einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende dadurch leisten, indem es künftig aus sonnen- und windreichen Regionen nach Deutschland und Europa transportiert wird.
Im Projekt »PICASO« (Process Intensification & Advanced Catalysis for Ammonia Sustainable Optimized Process) arbeitet das Fraunhofer ISE gemeinsam mit der Universität Ulm und dem Fukushima Renewable Energy Institute (FREA-AIST) bis 2025 an einem neuartigen Power-to-Ammonia-Prozess (PtA, Strom-zu-Ammoniak) zur nachhaltigen, ressourcenschonenden Ammoniaksynthese. Hintergrund ist, dass im konventionellen Haber-Bosch-Prozess Wasserstoff und Stickstoff durch thermodynamische Limitierungen nur unvollständig zu Ammoniak umgesetzt werden können und aufwändig rezykliert werden müssen. Das Verfahren ist deshalb mit Verlusten an Wasserstoff und Stickstoff verbunden und erfordert zudem eine aufwändige Infrastruktur.
Ziel des PICASO-Ansatzes ist es nun, eine integrierten Reaktortechnologie und maßgeschneiderte Betriebsstrategien zu entwickeln, die mildere Reaktionsbedingungen, inbesondere geringere Betriebsdrücke und -temperaturen, gestatten. Der Anteil an unreagiertem Wasserstoff und Stickstoff soll durch eine sogenannte In-situ-Adsorption reduziert werden. Das bedeutet, dass das entstehende Ammoniak direkt im Reaktor selbst von einem geeigneten Feststoff aufgenommen wird. Durch die Kopplung von Reaktion und Stofftrennung kann die thermodynamische Limitierung positiv verschoben werden und die stoffliche und energetische Effizienz des gesamten PtA-Prozesses gesteigert werden. Gleichzeitig werden die Investitionskosten für Neuanlagen deutlich gesenkt, da im Idealfall auf die aufwändige Gasrückführung und Kompression verzichtet werden kann. Damit kann die Technologie künftig auch in abgelegenen Regionen mit hohem Potenzial an erneuerbaren Energien oder sogar offshore - also dezentral und in kleinerem Maßstab - wirtschaftlich eingesetzt werden kann.
Bei der Untersuchung der Reaktion zur Bildung von Ammoniak mit einem Ruthenium-Katalysator steht u. a. die Entwicklung detaillierter reaktionstechnischer Modelle im Vordergrund. Außerdem werden geeignete Materialien zur selektiven Abtrennung von Ammoniak untersucht und entwickelt. Das innovative integrierte Reaktorkonzept wird dann experimentell im industriell relevanten Maßstab untersucht. Dabei werden dynamische Untersuchungen durchgeführt, die alle Prozessschritte abdecken: Reaktion, Adsorption und Desorption mit dem Ziel, dynamische Betriebsstrategien zu entwickeln. Die Übertragung der am Fraunhofer ISE entwickelten Technologie in Prozesssimulationen ermöglicht, Kosten-und Ressourceneinsparungen mittels techno-ökonomischen und Life-Cycle-Assessment-Methoden zu quantifizieren.