PICASO – Neuartiger Power-to-Ammonia-Prozess für die nachhaltige Ammoniaksynthese

Process Intensification & Advanced Catalysis for Ammonia Sustainable Optimized Process

Laufzeit: 08/2022 - 07/2025
Auftraggeber / Zuwendungsgeber:
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Kooperationspartner: Universität Ulm; Assoziiert: Fukushima Renewable Energy Institute, AIST (FREA), Clariant Produkte (Deutschland) GmbH 
Projektfokus:          
© Fraunhofer ISE
Frontalansicht des KISS (Kinetic Investigations and Screening Setup)-Teststands. Die Anlage ermöglicht die Messung von örtlich aufgelösten Konzentrationsprofilen bei einer gleichzeitigen hochaufgelösten Überwachung des axialen Temperaturprofils.
Schematischer Überblick über die Forschungsinhalte entlang der Power-to-X-Wertschöpfungskette am Fraunhofer ISE, die eine fortschrittliche Ammoniaksynthese sowie Ammoniakreformierung und -anwendungen umfassen.
© Fraunhofer ISE
Schematischer Überblick über die Forschungsinhalte entlang der Power-to-X-Wertschöpfungskette am Fraunhofer ISE, die eine fortschrittliche Ammoniaksynthese sowie Ammoniakreformierung und -anwendungen umfassen.

Grünes Ammoniak ist ein kleines Molekül mit hohem wirtschaftlichem Potential. Es wird aus grünem Wasserstoff und Luftstickstoff gewonnen und kann als chemischer Grundstoff, in der Landwirtschaft, als Wasserstoffträger sowie direkt als Treibstoff oder zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Grünes Ammoniak kann unter anderem einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende dadurch leisten, indem es künftig aus sonnen- und windreichen Regionen nach Deutschland und Europa transportiert wird.

Im Projekt »PICASO« (Process Intensification & Advanced Catalysis for Ammonia Sustainable Optimized Process) arbeitet das Fraunhofer ISE gemeinsam mit der Universität Ulm und dem Fukushima Renewable Energy Institute (FREA-AIST) bis 2025 an einem neuartigen Power-to-Ammonia-Prozess (PtA, Strom-zu-Ammoniak) zur nachhaltigen, ressourcenschonenden Ammoniaksynthese. Hintergrund ist, dass im konventionellen Haber-Bosch-Prozess Wasserstoff und Stickstoff durch thermodynamische Limitierungen nur unvollständig zu Ammoniak umgesetzt werden können und aufwändig rezykliert werden müssen. Das Verfahren ist deshalb mit Verlusten an Wasserstoff und Stickstoff verbunden und erfordert zudem eine aufwändige Infrastruktur.  

Ziel des PICASO-Ansatzes ist es nun, eine integrierten Reaktortechnologie und maßgeschneiderte Betriebsstrategien zu entwickeln, die mildere Reaktionsbedingungen, inbesondere geringere Betriebsdrücke und -temperaturen, gestatten. Der Anteil an unreagiertem Wasserstoff und Stickstoff soll durch eine sogenannte In-situ-Adsorption reduziert werden. Das bedeutet, dass das entstehende Ammoniak direkt im Reaktor selbst von einem geeigneten Feststoff aufgenommen wird. Durch die Kopplung von Reaktion und Stofftrennung kann die thermodynamische Limitierung positiv verschoben werden und die stoffliche und energetische Effizienz des gesamten PtA-Prozesses gesteigert werden. Gleichzeitig werden die Investitionskosten für Neuanlagen deutlich gesenkt, da im Idealfall auf die aufwändige Gasrückführung und Kompression verzichtet werden kann. Damit kann die Technologie künftig auch in abgelegenen Regionen mit hohem Potenzial an erneuerbaren Energien oder sogar offshore - also dezentral und in kleinerem Maßstab - wirtschaftlich eingesetzt werden kann. 

Bei der Untersuchung der Reaktion zur Bildung von Ammoniak mit einem Ruthenium-Katalysator steht u. a. die Entwicklung detaillierter reaktionstechnischer Modelle im Vordergrund. Außerdem werden geeignete Materialien zur selektiven Abtrennung von Ammoniak untersucht und entwickelt. Das innovative integrierte Reaktorkonzept wird dann experimentell im industriell relevanten Maßstab untersucht. Dabei werden dynamische Untersuchungen durchgeführt, die alle Prozessschritte abdecken: Reaktion, Adsorption und Desorption mit dem Ziel, dynamische Betriebsstrategien zu entwickeln. Die Übertragung der am Fraunhofer ISE entwickelten Technologie in Prozesssimulationen ermöglicht, Kosten-und Ressourceneinsparungen mittels techno-ökonomischen und Life-Cycle-Assessment-Methoden zu quantifizieren.

Meilenstein für nachhaltige Synthese erreicht

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Dosierung für die Ammoniaksorbtion
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Anlage zur Messung von Sorptionskinetiken

Auf dem Weg zu Energieeinsparungen bei der Herstellung von grünem Ammoniak haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer ISE und der Universität Ulm einen wichtigen und weltweit einmaligen Meilenstein erreicht: Sie haben Technologien zur Untersuchung für die Ammoniaksynthese aufgebaut und in Betrieb genommen, um den Einsatz von Stickstoff und Wasserstoff durch Ammoniakadsorption unter Synthesebedingungen zu optimieren. Mit den gewonnenen Erkenntnissen werden sie anschließend ein neuartiges Reaktorkonzept entwickeln und erproben. 

Um Materialien für den Einsatz in der PICASO Technologie zu optimieren, wurde nun eine Hochtemperatur- und Hochdruckmagnetschwebewaage und eine selbstkonzipierte und -gefertigte Dosieranlage in Betrieb genommen. Damit kann die Ammoniakadsorption bei Temperaturen bis 500 °C und Drücken bis 80 bar zu vermessen werden. Damit ist die PICASO-Projektgruppe die erste Forschergruppe weltweit, die die Ammoniakadsorption bei Synthesebedingungen in einem weiten Parameterfenster untersuchen und automatisiert Sorptionskinetiken messen und verstehen kann.

Parallel dazu hat das Team der Universität Ulm eine Versuchsanlage zur experimentellen Untersuchung der Synthese, Sorption und Zersetzung unter realen Bedingungen in Betrieb genommen. Damit kann das PICASO-Konzept unter definierten Bedingungen überprüft und weiterentwickelt werden. Außerdem bietet die Anlage die Möglichkeit, den Pfad von Ammoniak als sogenannter Wasserstoff-Vektor nachzubilden, da die wesentlichen Verfahrensschritte abgebildet werden können. Die experimentellen Daten werden genutzt, um ein mathematisches Reaktormodell zu entwickeln, mit dem das integrierte Reaktorkonzept designt und optimiert werden kann. 

Im Projekt soll die Übertragung des neuen PtA-Konzepts vom Labor- in den Technikums-Maßstab realisiert werden. Während an der Universität Ulm der Labormaßstab im Fokus steht, werden am Fraunhofer ISE umfangreiche experimentelle Studien im Technikum durchgeführt. Durch detaillierte mathematische Modellierung und Simulation werden beide Skalen anschließend verknüpft und validiert, damit anschließend belastbare Vorhersagen zum Pilotmaßstab getroffen werden können. Neben der technischen Demonstration wollen die Partner auch nachweisen, dass der neuartige, flexible PtA-Prozess wirtschaftlich mit dem konventionellen Verfahren wettbewerbsfähig ist. 

Weitere Informationen zu diesem Forschungsthema:

Geschäftsfeldthema

Nachhaltige Syntheseprodukte

Geschäftsfeld

Wasserstofftechnologien