Der Straßengüterverkehr trägt zu 35 % der nationalen Treibhausgas-Emissionen bei. Für die Elektrifizierung des Verkehrssektors spielt der Ausbau der Ladeinfrastruktur eine entscheidende Rolle, um die Akzeptanz und Alltagstauglichkeit vollelektrischer Fahrzeuge zu gewährleisten. Während die Bereitstellung von Ladeleistungen von 11 kW für einen normalen Ladevorgang und 120-400 kW für einen Schnellladevorgang im PKW-Bereich ausreichend sind, stellt die schnelle und sichere Bereitstellung elektrischer Energie für Nutzfahrzeuge durch die erforderliche Energiemenge und Ladezeit eine besondere Herausforderung an das Energiesystem und die angeschlossene Ladeinfrastruktur dar. Die Anforderungen an solche Megawatt-Charging-Systeme (MCS) werden maßgeblich durch das Anforderungsprofil der Nutzenden und durch das resultierende Fahrzeugkonzept festgelegt.
Im Projekt NEFTON wird ein MCS zum (Ultra-) Schnellladen für batteriebetriebene Nutzfahrzeuge entwickelt. Das beeinhaltet die Entwicklung einer hocheffizienten, bidirektionalen Ladesäule im Megawattbereich sowie eines Fahrzeugprototyps, der sowohl die technischen als auch die kundenspezifischen Anforderungen optimal erfüllt. Ziel dieses Vorhabens ist die nutzerspezifische, kostenoptimale Auslegung eines nachhaltigen, elektrischen Nutzfahrzeugkonzeptes und dessen Antriebs- und Ladesystems. Dazu sollen Daten gesammelt und in Nutzenden- und Anforderungsprofile überführt werden. Danach werden Simulationsmodelle zur Fahrzeug- und Antriebsauslegung erstellt, sodass Konzeptvarianten analysiert und bewertet werden können. Neben der Bewertung der technischen Machbarkeit, werden die Systeme bezüglich Effizienz und Kosten evaluiert. Zusätzlich spielen die Kriterien der Nachhaltigkeit eine Rolle, sodass auch weitergehende ökonomische (bspw. volkswirtschaftliche), ökologische und soziale Aspekte berücksichtigt werden.
Mit der erst aufkommenden Technologie von batteriebetriebenen LKWs stellen sich nicht nur systemtechnische Herausforderungen, sondern auch prüftechnische Fragestellungen. Vielmals besteht das Problem schon an der grundlegenden Verfügbarkeit der hohen Anschlussleistung. Der MCS-Standard liegt hierbei bei 3,6 MW. Darüber hinaus bedarf es auch der entsprechenden Messtechnik, um vor allem die Ströme hochdynamisch erfassen zu können. Aufgrund der hohen Kurzschlussleistungen, insbesondere in Verbindung mit Batteriesystemen, bedarf es auch einer entsprechenden bautechnischen Einrichtung. Durch die Gefahr von Lichtbögen, Druckwellen und Splitter muss die Prüfung ferngesteuert über geschützte Räume erfolgen. Das Fraunhofer ISE verfügt über 40 MVA-Anschlussleistung an unterschiedlichen Prüffeldern der Nieder- und Mittelspannung. Ebenso sind die notwendige Messtechnik und bauliche Infrastruktur vorhanden, um auch riskante Prüfungen sicher durchführen zu können. Auf dieser Infrastruktur soll aufgebaut werden und so ein Prüffeld für die zukünftigen Anforderungen des MCS-Standards geschaffen werden. Den Abschluss des Projektes NEFTON bildet eine umfassende Erprobung der Technologie und der Potentialbewertung. Die Prototypen der Ladesäule und des Fahrzeuges bieten die Möglichkeit, Megawatt-Laden für Nutzfahrzeuge mit einer großen Detailtiefe sowie einer ganzheitlichen Perspektive zu betrachten.