Industrialisierung der Wasserelektrolyse in Deutschland

Studie

Industrialisierung der Wasserelektrolyse in Deutschland: Chancen und Herausforderungen für nachhaltigen Wasserstoff für Verkehr, Strom und Wärme

Fraunhofer ISE, Fraunhofer IPA, E4tech Sàrl | 2018

Die Wasserelektrolyse zur Erzeugung von Wasserstoff auf Basis von regenerativ erzeugtem Strom entwickelt sich immer mehr zu einer Kerntechnologie der Energiewende. Der steigende Anteil volatilen Wind- und Solarstroms kann in Form von Wasserstoff saisonal gespeichert, rückverstromt oder zu Kraftstoffen und chemischen Grundstoffen weiterverarbeitet werden. Allein für Deutschland wird bis 2050 eine installierte Anlagenleistung im dreistelligen Gigawattbereich prognostiziert, unter der Maßgabe, dass die Klimaschutzziele der Bundesregierung erreicht werden. Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) haben das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie und Automatisierung IPA und das Beratungsunternehmen E4tech einen Fahrplan für die Etablierung der Wasserelektrolyse in Deutschland entwickelt. Die zentralen Fragen dieser Studie sind, wie sichergestellt werden kann, dass die Wasserelektrolyse zukünftig als leistungsfähige Technologie verfügbar sein wird, und welche Herausforderungen beim Aufbau einer Gigawatt-Elektrolyseindustrie in Deutschland bestehen.

In der Studie zeigen wir auf, wie die notwendigen industriellen Fertigungskapazitäten für Elektrolyseure in den nächsten Jahren aufgebaut werden können. Wir untersuchten hierfür die Herausforderungen beim Aufbau einer Gigawatt-Elektrolyse-Industrie in Deutschland, insbesondere mit Blick auf kritische Komponenten. Unter Einbeziehung von Industrie und Anwendern wurden die technologischen, herstellungstechnischen und akteursspezifischen Handlungsbedarfe diskutiert und Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Der künftige Elektrolysebedarf für die Sektoren Verkehr, Wärme und Strom wurde mit dem am Fraunhofer ISE entwickelten Tool REMod-D in einer Energiesystemsimulation für Deutschland ermittelt. Insgesamt wurden sechs Ausbauszenarien betrachtet, um unter anderem die Bandbreite der in der Industrieumfrage ermittelten Leistungsparameter zu berücksichtigen; in allen betrachteten Szenarien gilt dabei die Randbedingung, dass das deutsche Klimaziel einer Absenkung der energie-bedingten CO2-Emissionen um 80 % ohne einen großskaligen Import von synthetischen Energieträgern erreicht wird. Zugleich wird davon ausgegangen, dass energieintensive Industrien auch weiterhin am Standort Deutschland betrieben werden. Im Ergebnis resultiert – abhängig von den jeweils zugrunde gelegten Randbedingungen – ein Ausbaukorridor von größer 100 bis weit über 200 Gigawatt an installierter Elektrolysekapazität im Jahr 2050. Bereits in der zweiten Hälfte des kommenden Jahrzehnts müsste die Zubaurate ein Gigawatt Neuinstallation pro Jahr deutlich übersteigen, und ab den 2030er Jahren gehen die Szenarien von mehreren Gigawatt Neuinstallation pro Jahr aus.

Bereits heute sind die beiden wichtigsten Technologien, die alkalische und die PEM-Elektrolyse, in einem technisch ausgereiften Zustand. Einer großskaligen Nutzung der Elektrolyse steht aus technologischer Sicht nichts im Wege. Einzelne Forschungsthemen müssen jedoch noch weiter verfolgt werden. So ist beispielsweise die Hochtemperatur-Elektrolyse noch nicht wettbewerbsfähig, sie hat aber wegen des geringeren Strombedarfs und der in Deutschland vorhandenen industriellen Abwärme durchaus Potenzial. Auch aus produktionstechnischer Sicht konnten nur wenige hinderliche Aspekte identifiziert werden. Die zur Produktion der Komponenten nötigen Verfahren werden bereits in anderen Branchen großindustriell angewendet. Eine Skalierung der Produktion ist mit einem vergleichsweise geringen Maschinen- und Kapitaleinsatz möglich. Bei den als potenziell kritisch eingestuften Komponenten wurde aufgezeigt, dass weder kurz- noch langfristig mit Lieferengpässen zu rechnen ist.

Handlungsbedarf besteht vor allem auf Seiten des Gesetzgebers: der Markthochlauf, der für die weitere Technologieentwicklung und Kostenreduktion der zentrale Hebel ist, muss durch Anpassungen des regulatorischen Rahmens, insbesondere beim Strombezug unterstützt werden, damit Elektrolyseanwendungen wirtschaftlich werden können. Wir schlagen daher ein »Marktaktivierungsprogramm Wasserelektrolyse« vor, das den Herstellern und Anwendern Planungssicherheit für Investitionen bietet.

 

Die Studie wurde durch die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW GmbH) koordiniert und durch den Projektträger Jülich betreut.

Autoren:

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE:

  • Tom Smolinka
  • Nikolai Wiebe
  • Philip Sterchele
  • Andreas Palzer

E4tech Sàrl:

  • Franz Lehner
  • Malte Jansen
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie und Automatisierung IPA:
  • Steffen Kiemel
  • Robert Miehe
  • Sylvia Wahren
  • Fabian Zimmermann

 

Jahr:

2018

 

Auftraggeber:

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)

Betreut durch:

Projektträger Jülich – Brennstoffzelle und Wasserstoff (ESN 5)

Koordination:

Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie – NOW GmbH

Weitere Informationen zu diesem Thema

Geschäftsfeldthema

Elektrolyse und Wasserstoffinfrastruktur