Durch eine räumlich verortete, zeitreihenbasierte Modellierung des Niederspannungsnetzes und die Berücksichtigung von Betriebsführungsmaßnahmen in der Netzplanung soll die Netzbelastung in Folge der Sektorkopplung genauer als derzeit möglich abgeschätzt und damit unnötiger Netzausbau vermieden werden.
Energie-, Verkehrs- und Wärmewende sind eine Herausforderung für Stromnetze und deren Betreiber. Nach gängigen Planungsrichtlinien müssten die Verteilnetze bei einer hohen Durchdringung mit Wärme-pumpen und Elektrofahrzeugen massiv ausgebaut werden. Dies führt zu erheblichen Kosten und kann im schlimmsten Fall die Transition zu einer CO2-neutralen Gesellschaft signifikant verlangsamen. Da bisherige Planungsrichtlinien auf unrealistisch hohen Belastungsannahmen aufbauen und damit einen zu starken Netzausbaubedarf postulieren, kann der Netzausbau durch Verwendung realistischer Leistungszeitreihen für Verbraucher und Erzeuger verringert werden. Durch intelligente Messsysteme können Netzbelastungen über Steuereingriffe gezielt reduziert werden. Um Netzausbau zu reduzieren, muss dies bereits in der Netzplanung berücksichtigt werden. Ziel des Projektes ist es, die Modellierung repräsentativer Netze mit und ohne Netzbetriebsführung durch Messkampagnen in Reallaboren zu validieren. Schließlich sollen daraus verallgemeinerbare Planungsgrundsätze abgeleitet werden. Dafür werden im ersten Schritt die Anschlussnehmer*innen mittels Big Data Methoden bestmöglich charakterisiert, wobei dazu »State oft he Art« Methoden verbessert werden, um beispielsweise demographischen Wandel und Pendelstrecken abzubilden. Anschließend werden die erhobenen Daten mit den internen, automatisiert aufbereiteten Informationen der Verteilnetzbetreiber (VNB) zusammengeführt und kalibriert. Für die so charakterisierten Anschlussnehmer*innen können mit dem Lastprofilgenerator »synPro« des Fraunhofer ISE Verbrauchs-, Erzeugungs- und Flexibilitätszeitreihen erzeugt werden. Durch das Zurückspielen von Messwerten wird synPro weiter verbessert, sodass lokale Spezifika für Kurz- und Mittelfristprognosen berücksichtigt werden können. Die so verbesserten Zeitreihen werden zur Netzmodellierung verwendet, welche dann validiert wird. Schließlich werden Netzplanungsgrundsätze abgeleitet.