Presseinformation #24
Globale Energiewende als Berufung – Abschiedssymposium für Institutsleiter Eicke R. Weber
Mit einem wissenschaftlichen Symposium zur globalen Energiewende hat das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE am 11. November 2016 im Konzerthaus Freiburg die Verdienste von Prof. Eicke R. Weber gewürdigt, der die Leitung des Instituts zum Jahresende aus Altersgründen abgeben wird. Weber gab der deutschen Solarforschung eine weltweit beachtete Stimme und setzte sich mit großem Engagement wissenschaftlich wie politisch für die Energiewende ein. Auch die Struktur und Geschäftsfelder des Instituts richtete er darauf aus und konnte die Belegschaft seit 2006 auf heute 1100 Mitarbeitende mehr als verdoppeln, der weitgehend selbst verdiente Betriebshaushalt wuchs in dieser Zeit von ca. 25 Mio. auf 73 Mio. Euro (2015).
Eicke R. Weber war der richtige Mann zur richtigen Zeit. Als die Photovoltaik in Deutschland boomte, machte er mit seinem wissenschaftlichen Hintergrund als Silicium-Materialforscher und exzellenten Verbindungen in Wirtschaft und Politik das Fraunhofer ISE zum zweitgrößten Fraunhofer-Institut. In Webers Amtszeit fielen auch Beteiligungen des Fraunhofer ISE an Forschungseinrichtungen in Halle, Boston und Santiago de Chile.
Dabei hatte der Solarforscher immer mehr als eine Technologie im Blick, ihm geht es um die nachhaltige Einbettung von Energie in das globale Wirtschaftssystem. Darin ist er sich mit Jeremy Rifkin und dessen Konzept der dritten industriellen Revolution einig. Die Rednerliste des Symposiums spiegelt diese Vernetzung wider: Dr. Dirk-Holger Neuhaus, Solar World Innovations, Dr. Norbert Pralle, Ed. Züblin AG, Thomas Speidel, Bundesverband Energiespeicher, Prof. Lars Samuelson, Nanometer Structure Consortium, Prof. Rolf Brendel, Institut für Solarenergieforschung, Prof. Hans-Martin Henning, Fraunhofer ISE. Rifkin wandte sich in einer Videobotschaft an die Teilnehmenden.
Für eine CO2-freie globale Energieversorgung ist Eicke Weber immer auf der Suche nach Verbindungen in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. So war er wesentlich daran beteiligt die damals weltweit führende Freiburger Solarmesse Intersolar 2008 in San Francisco zu etablieren, und ist seitdem Chairman der zugehörigen Konferenz. 2013 unterzeichnete er in Abu Dhabi eine Kooperationsvereinbarung mit der International Renewable Energy Agency IRENA, die u. a. die Stromversorgung in ländlichen Gebieten in südlichen Ländern voranbringen soll. Er war maßgeblich daran beteiligt, dass die drei weltweit größten Solarforschungsinstitute National Renewable Energy Laboratory NREL, USA, National Institute of Advanced Industrial Science and Technology AIST, Japan und Fraunhofer ISE 2012 in San Francisco die Global Alliance for Solar Energy Research Institutes gründeten. Sie hat unter anderem das Ziel, den Einstieg der Photovoltaik in den Terawatt-Bereich voranzubringen, was auch bei einem Workshop der Allianz im März in Freiburg betont wurde. Als Präsident der Allianz der europäischen Forschungsinstitute auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien EUREC setzte er sich dafür ein, das European Innovation Council EIC zu gründen, das sich parallel zum bekannten European Research Council besonders auch um die Förderung exzellenter angewandter Forschung kümmern soll.
Vernetzung war Weber auch im eigenen Haus wichtig. Früh machte er das Institut für die Zeit fit, als aus dem ersten solaren Goldrausch das Bohren dicker Bretter im Jahrhundertprojekt Energiewende wurde. Ob energetische Sanierung, Solarthermie, Elektromobilität oder Smart Grid, Mittelspannungsebene, Megawattlabor sowie Energiesystemanalyse und akkreditierte TestLabs für die Industrie und Energiewirtschaft – die Forschungsfelder des Fraunhofer ISE repräsentieren heute die wesentlichen Bereiche der Energiewende.
Speichertechnik liegt Weber besonders am Herzen. Er fährt seit mehreren Jahren ein Brennstoffzellen-Fahrzeug mit Wasserstofftank, das an der institutseigenen solaren Wasserstoff-Tankstelle betankt wird. Er war auch maßgeblich an der Gründung des Bundesverbands Energiespeicher BVES beteiligt und bis zum Frühjahr dieses Jahres sein erster Präsident. Seit der Gründung war er bis 2016 auch Chairman der jährlichen Speicherkonferenz Energy Storage Europe in Düsseldorf, die das Bundeswirtschaftsministerium als internationale Leitmesse für Energiespeicherung listet.
Weber engagierte sich auch besonders für die Förderung von aus dem Fraunhofer ISE gegründeten Start-Ups, seit 2006 insgesamt acht Firmen. Dazu drei Beispiele: NexWafe, die sich für die Nutzung eines im Fraunhofer ISE entwickelten Prozesses zur Herstellung von dünnen Siliciumwafern ohne Sägeverluste einsetzen, Blue Inductive, die u. a. hocheffiziente induktive Ladesysteme für Elektrofahrzeuge entwickeln, und das Vallis Solaris Projekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, aufbauend auf neuen ISE-Technologien eine kostengünstige vertikale PV-Produktionskette in sonnenreichen Ländern aufzubauen, die es den Ländern mittelfristig ermöglicht, eine nachhaltige Energieversorgung mit Einbindung lokaler Industrie aufzubauen.
Aus dem im Januar 2014 an das Fraunhofer ISE verliehenen Zayed Future Energy Prize gelang es Eicke Weber, durch Verdoppelung des Preisgelds durch die Fraunhofer-Gesellschaft ein Förderprogramm für Fraunhofer-Projektideen auf dem Gebiet der nachhaltigen Energieversorgung im Ausland auf den Weg zu bringen. So entstand ein Fördervolumen von insgesamt rund 2 Mio. Euro zur Unterstützung der Anbahnungsphase von bislang 28 internationalen Projekten.
Er engagierte sich auch energisch für eine engere Vernetzung zwischen der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und den Fraunhofer-Instituten. Zusammen mit Prof. Oesten von der Fakultät für Forstwirtschaft und Nachhaltigkeit war er an der Gründung des Zentrums für Erneuerbare Energien ZEE beteiligt, das einen englischsprachigen Studiengang in Renewable Energy Management anbietet. Später regte er zusammen mit der Technischen Fakultät die Gründung eines Master Online Studiengangs in Photovoltaik an. In beiden Studiengängen engagieren sich weltführende Spezialisten aus dem Fraunhofer ISE in der Lehre. Zusammen mit Prof. Thoma, dem damaligen Leiter des Fraunhofer EMI, initiierte er die Gründung eines wesentlich von den fünf Freiburger Fraunhofer-Instituten unterstützten dritten Instituts in der Technischen Fakultät, das heute als Institut für Nachhaltige Technische Systeme INATEC Realität ist. Auch an der Etablierung des Freiburger Leistungszentrums Nachhaltigkeit zwischen Fraunhofer und der Universität war er wesentlich beteiligt.
Eicke R. Weber, 1949 in Münnerstadt, Unterfranken, geboren, habilitierte 1983 in Physik an der Universität Köln. 2006 kehrte er nach über 20jähriger Lehrtätigkeit an der University of California, Berkeley, nach Deutschland zurück, um die Leitung des Fraunhofer ISE zu übernehmen. 2006 war er auch Mitgründer der Start-Up Firma CaliSolar, die über 200 Mio. $ an Investitionen erhielt und heute als Silicor dabei ist, in Island eine große Produktion für upgraded metallurgical silicon (umg-Si) für die PV-Industrie zu erstellen.
Weber hat sich weltweit als Materialforscher für Defekte in Silicium- und III-V-Halbleitern wie Galliumarsenid und Galliumnitrid einen Namen gemacht. Ihn interessierte dabei besonders die Frage, wie sich auch aus Silicium mit einem gewissen Anteil Verunreinigungen, wie im umg-Si, hocheffiziente Solarzellen herstellen lassen. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Physik/Solarenergie an der Fakultät für Mathematik und Physik sowie an der Technischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.
Auswahl von Ämtern und Ehrungen seit 2006
- 2006 Bundesverdienstkreuz am Bande
- 2009 Ehrenmitglied des Ioffe Physical-Technical Institute of the Russian Academy of Sciences, St. Petersburg
- 2010 Mitglied von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, Berlin
- 2013-2016 Präsident des Bundesverbands Energiespeicher (BVES), Berlin
- 2013 Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Erneuerbare Energien der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg
- 2013 SolarWorld Einstein Award
- 2014 Zayed Future Energy Prize der Vereinigten Arabischen Emirate, Abu Dhabi
- 2015 Präsident von EUREC – Association of European Renewable Energy Research Centers, Brüssel
- 2016 Vizepräsident der International Solar Energy Society ISES
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