Neues Material macht Kältemaschinen energieeffizienter

Abwärme aus der Industrie lässt sich aufgrund ihrer geringen Temperatur oft nicht weiterverwenden. Ein Forschungsteam des Instituts für Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) hat jetzt gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE ein hochporöses Material entwickelt, mit dem die Abwärme in umweltfreundlichen Kälteanlagen der Gebäudetechnik genutzt werden kann.

CAU-10-H
© CAU/Arbeitsgruppe Stock
Mit dem neu entwickelten Material »CAU-10-H«, hier in Pulverform, will das Kieler Forschungsteam Kühlanlagen effizienter machen.
Wärmetauscher
© CAU/Dirk Lenzen
Für Tests beschichtete das Team gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE einen herkömmlichen Wärmetauscher, wie er in handelsüblichen Kältemaschinen zu finden ist, mit dem Material.
Atomgitter
© CAU/Dirk Lenzen
Verschiedene Atome (grün = Aluminium, rot = Sauerstoff, grau = Kohlenstoff) bilden zusammen die Gerüststruktur von CAU-10-H. In den großen Poren kann es besonders effizient Wassermoleküle (blau) aufnehmen und wieder abgeben.

Kälteanlagen gelten als Stromfresser, in denen noch immer umweltschädliche Kältemittel verwendet werden, auch nach dem Verbot von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW). Eine umweltfreundliche Alternative sind Anlagen, die stattdessen mit Wasser arbeiten und bislang ungenutzte Abwärme einsetzen. Vor allem Rechenzentren sind wahre Energiefabriken: Gewissermaßen »nebenbei« produzieren Hochleistungscomputer jede Menge Wärme und müssen deshalb ständig gekühlt werden. So verursachen sie hohe Energie- und Stromkosten, während sie gleichzeitig ihre Abwärme ungenutzt an die Umgebung abgeben – ihre Temperatur ist zu niedrig, um sie anderweitig zu verwenden. Doch theoretisch könnten damit spezielle Kühlanlagen, die Wasser als Kältemittel nutzen (Adsorptionskälteanlagen), energieeffizient betrieben werden. Dafür müssten die dort verwendeten Materialien in der Lage sein, viel Wasser aufzunehmen und sich schon bei geringen Temperaturen zu regenerieren.

Umweltfreundliche und ressourcenschonende Kühlung

Diese Voraussetzungen erfüllt das poröse Material »CAU-10-H«, das Professor Norbert Stock vom Institut für Anorganische Chemie mit seiner Arbeitsgruppe entdeckt hat. Damit kann ein Teil solcher Adsorptionskälteanlagen ausschließlich mit der Energie vorhandener Abwärme oder Solarthermie betrieben werden. »So ließe sich auch ein wichtiger Beitrag zur Nutzung erneuerbarer Energien leisten. Die Anlagen verbrauchen einerseits weniger Strom, andererseits können wir das Material umweltschonend herstellen«, so der Chemiker.

Der Kühleffekt entsteht in diesen Adsorptionskälteanlagen durch das Verdampfen von Wasser, wobei der Umgebung Wärme entzogen wird. Die Wasserdampfmoleküle werden anschließend von einem porösen Material, dem sogenannten Sorptionsmittel, adsorbiert und lagern sich in seinen Hohlräumen an. Es folgt eine Regenerationsphase: Durch die Zufuhr von thermischer Energie lösen sich die Wassermoleküle vom Material, verflüssigen sich und können im nächsten Zyklus wieder verdampfen. Auch das Material ist wieder einsetzbar.

Metall-organische Gerüstverbindungen sorgen für ideale Wechselwirkungen

Als Sorptionsmittel werden in Kältemaschinen normalerweise kristalline Zeolithe oder Silicagele verwendet, die dank ihrer porösen Struktur leicht Wasser aufnehmen können. Das neue Material weist besonders gute Sorptionseigenschaften auf: Es kann dank der idealen Größe seiner Poren sehr schnell sehr viel Wasser aufnehmen und es bereits bei einer geringen Erhöhung der Temperatur schnell wieder abgeben. Die hochporöse Kristallstruktur des CAU-10-H ist ein Beispiel für metall-organische Gerüstverbindungen (Englisch: »Metal Organic Frameworks«, MOF), die seit einigen Jahren intensiv in unterschiedlichsten Anwendungsbereichen getestet werden.

Für die industrielle Anwendung der MOFs beschichtete das Kieler Team gemeinsam mit Forschern des Fraunhofer ISE kommerziell erhältliche Wärmetauscher mit dem Material. »Die Vermessung des Wärmetauschers unter anwendungsnahen Bedingungen unterstreicht das hohe Potenzial dieses Materials«, berichtet Dr. Stefan Henninger vom Fraunhofer ISE. Im Labor lässt sich das Material bereits unter milden Reaktionsbedingungen, also bei 100°C mit Wasser als Lösungsmittel, in Kilogrammmengen herstellen. »Um es für die industrielle Nutzung im größeren Maßstab zu produzieren, wollen wir in einem nächsten Schritt mit Firmen in Kontakt treten«, kündigt Stock an. Ein Patent auf ihre Herstellungsmethode haben die Partner bereits angemeldet.

Die Ergebnisse erschienen kürzlich im Fachmagazin Advanced Materials. Das Kieler Forschungsteam präsentiert sein Material und die Anwendungsmöglichkeiten auf der Hannover Messe 2018.

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