Fraunhofer ISE mit Sonderpreis des Marquardt-Zukunftspreises ausgezeichnet

Vier Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE sind am 16. März beim 6. Zukunftspreis der Privaten Stiftung Ewald Marquardt für Wissenschaft und Technik, Kunst und Kultur mit einem Sonderpreis ausgezeichnet worden. Dr. Christoph Siedle, Stefan Reichert, Benjamin Stickan und Moritz Bader aus der Abteilung Leistungselektronik, Netze und intelligente Systeme erhielten den Preis für eine »Universelle hochdynamische Umrichterregelung für ein- und dreiphasige Systeme im Netzparallel-, Insel- und unterbrechungsfreien USV-Betrieb«.

Stifter Ewald Marquardt (2.v.l.) und Jury-Vorsitzender Prof. Hans-Jörg Bullinger (r.) übergaben den Sonderpreis an Stefan Reichert und Dr. Christoph Siedle (2.v.r.) vom Fraunhofer ISE.

Durch die Einbindung dezentraler erneuerbarer Energieerzeuger verändert sich die Stromversorgungsstruktur: eine Vielzahl von hochdynamischen Umrichtern verdrängt die wenigen großen Generatorsätze mit ihren stabilisierenden rotierenden Massen. Das stellt die Regelungstechnik vor neue Aufgaben. Die Freiburger Fraunhofer-Forscher haben ein Konzept entwickelt, das auch in den neuen komplexeren Stromversorgungsstrukturen für Stabiliät sorgt: Speisten Umrichter bisher in starre Netze ein, müssen sie zukünftig in der Lage sein, diese Netze selbst zu bilden und stabil zu betreiben. Da die Netze bisher von Synchrongeneratoren gebildet werden, ist es naheliegend, dem Umrichter regelungstechnisch ein ähnliches Verhalten einzuprägen (»Virtuelle Synchronmaschine«). Virtuelle Synchronmaschinen bilden die komplizierte physikalische Struktur des realen Netzes detailliert mathematisch ab. Das verlangt jedoch leistungsfähige Prozessoren in jedem Gerät und macht die Konfiguration aufwändig. Außerdem sind sie meist nicht auf einphasigen Systemen implementierbar.

Der neue Ansatz hingegen betreibt die Strecke spannungsgeregelt mit einem zusätzlichen künstlichen Innenwiderstand. Zur Synchronisation mit dem Netz oder für den Parallelbetrieb mit anderen Erzeugern ist eine netzkompatible Statik überlagert, d. h. Abhängigkeit der Frequenz von der Wirkleistung und Abhängigkeit der Spannung von der Blindleistung. Diese Struktur benötigt nur wenige Parameter und stellt keine hohen Anforderungen an die Rechenleistung. Der künstliche Innenwiderstand wirkt dämpfend und ermöglicht ein stabiles Arbeiten parallel geschalteter Umrichter bei definierter Lastaufteilung. Die Implementierung kann ein- oder dreiphasig erfolgen.

Das Konzept eignet sich auch für den Einsatz in unterbrechungsfreien Stromversorgungen (USV), wo die angeschlossenen Verbraucher bei Netzausfall ohne Lücke weiterversorgt werden und bei Netzwiederkehr erneut komplett ohne Unterbrechung mit dem Netz verbunden werden. Dies ist besonders bei EDV-Anlagen oder Anwendungen im Medizin-Bereich ein großer Vorteil.

Die Funktion wurde in der Simulation in allen denkbaren Konfigurationen nachgewiesen. Die Implementierung auf einem Laborgerät sowohl ein- als auch dreiphasig hat die Erwartungen voll bestätigt. Die Umsetzung in einem kommerziellen Gerät steht kurz bevor.
Der Marquardt-Zukunftspreis für Ideen und Innovationen auf dem Gebiet der elektrischen Schalt-, Steuerungs- und Regelungstechnik wird im zweijährigen Turnus vergeben. Der Preis ist für Entwickler aus Wissenschaft und Technik aus Baden-Württemberg ausgeschrieben. Eine Fachjury unter Vorsitz von Prof. Dr. Ing. Hans-Jörg Bullinger, ehemaliger Präsident der Fraunhofer Gesellschaft, entscheidet über Haupt- und Sonderpreise von insgesamt 30.000 Euro.

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