Die Netzregelung im europäischen Verbundnetz beruht auf den physikalischen Eigenschaften der großer Synchrongeneratoren in konventionellen Kraftwerken. Mit ihren rotierenden Massen sorgen diese Generatoren für die notwendige elektrische Stabilität der Stromversorgung. Daher muss zu jedem Zeitpunkt ein ausreichend hoher Anteil dieser sogenannter „Must-Run-Units“ am Netz angeschlossen sein, um die Systemstabilität zu gewährleisten. In einem vollständig auf Erneuerbare Energien umgestellten Energiesystem müssen Stromrichter alle notwendigen Systemdienstleistungen, etwa in PV- und Windkraftwerken oder in Batterie-Großspeichern, übernehmen.
Dafür bieten sich verschiedene Typen leistungselektronisch gekoppelter Anlagen an: PV-Anlagen, Windenergieanlagen, Batteriespeicher, aber auch Konverter für die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung, Stromrichter im Pulsbetrieb und Elektrolyseure. Im Gegensatz zum elektro-mechanischen Synchrongenerator besitzen solche stromrichterbasierten Anlagen jedoch nicht inhärent physikalisch ein entsprechendes elektrisches Verhalten. Daher müssen für sie geeignete regelungstechnische Lösungen gefunden, implementiert und erprobt werden. Nur so können zukünftig Netze auch ohne Beteiligung großer Synchronmaschinen jederzeit stabil gehalten werden. Hierfür entwickeln wir neuartige netzbildende Regelverfahren für Stromrichter, welche dem Netz alle Systemdienstleitungen zur Verfügung stellen und das Netz nicht nur im Normalbetreib, sondern auch bei Großstörungen, stabilisieren.
Darüber hinaus ändert sich die Struktur des zukünftigen Stromnetzes aufgrund der dezentralen Installation der erneuerbaren Erzeuger fundamental. Wir entwickeln Methoden für die Regelung und die Stabilitätsanalyse solcher dezentraler stromrichterbasierter Netzen. Dabei untersuchen wir Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Stromrichtern, aber auch zwischen Stromrichtern und anderen Netzkomponenten.
Der Nachweis dieser neuen Systemdienstleitungen und Verhaltensweisen ist zentral für einen zuverlässigen Netzbetrieb. Hierfür entwickeln wir Verfahren, etwa für den Nachweis des netzbildenden Verhaltens von Stromrichtern oder neuen Netzregelungsverfahren. Diese testen wir in unseren Multi-Megawatt Lab.
Ein wesentliches Instrument für diesen Übergang ist die Entwicklung von Netzanschlussrichtlinien, die die Eigenschaften aller am Netz befindlichen Generatoren festlegen. Um diese Erkenntnisse für die Praxis zu nutzen, arbeiten wir aktiv in Gremien mit, in denen Netzanschluss- und Prüfrichtlinien erarbeitet werden. Darüber hinaus unterstützen wir unsere Partner bei der richtlinienkonformen Umsetzung der Anforderungen, die sich kontinuierlich mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien weiterentwickeln.