Presseinformation #14

Solaranlagen stabilisieren die Stromversorgung im Fehlerfall - Fraunhofer-Forscher weisen erstmals die netzstützenden Eigenschaften von PV-Kraftwerken im Feldversuch nach

Bereits heute wird an sonnigen Tagen zur Mittagszeit bis zu ein Drittel des deutschen Strombedarfs durch Solarstrom gedeckt. Aus diesem Grund müssen Solarkraftwerke, die in das Mittelspannungsnetz einspeisen, die in Deutschland geltenden Mittelspannungsrichtlinien erfüllen. Diese fordern u. a. eine aktive Beteiligung an der statischen Netzstützung. Dazu müssen sie in der Lage sein, die abgegebene Wirk- und Blindleistung zu regeln, wodurch im regulären Betrieb Frequenz und Spannung im Netz stabilisiert werden. Von Solarkraftwerken wird neben der statischen auch die dynamische Netzstützung verlangt, wodurch eine Stabilisierung des Stromnetzes während Netzfehlern und Netzspannungseinbrüchen gewährleistet werden soll. Denn nur eine richtige und schnelle Reaktion aller Energie erzeugenden Kraftwerke, inklusive der erneuerbaren Energien, auf den tatsächlichen Zustand des Stromnetzes kann die Versorgungssicherheit mit elektrischer Energie garantieren.

Hochauflösendes Messsystem zur detaillierten Analyse des elektrischen Verhaltens von Solarparks. Das System ermöglicht die zeitsynchrone Erfassung der Ströme und Spannungen von mehreren räumlich verteilten Solarwechselrichtern.
© Fraunhofer ISE
Hochauflösendes Messsystem zur detaillierten Analyse des elektrischen Verhaltens von Solarparks. Das System ermöglicht die zeitsynchrone Erfassung der Ströme und Spannungen von mehreren räumlich verteilten Solarwechselrichtern.

Dass auch Solarkraftwerke diese Funktion zuverlässig erfüllen können, konnten Forscher des Fraunhofer ISE jetzt erstmals im Feldversuch am Beispiel des Fünf-Megawatt-Solarparks in Dürbheim erfolgreich beweisen.

Der Nachweis für diese Schutzfunktion wird durch einen so genannten LVRT-Test erbracht, den die einzelnen Erzeugungsanlagen bestehen müssen. LVRT steht für Low Voltage Ride Through und bedeutet aktive Stützung der Netzspannung bei einem Spannungseinbruch. Nach den gültigen Richtlinien ist hierfür die Vermessung einzelner Wechselrichter – also jener Komponenten, die den Gleichstrom aus den Solarmodulen in Wechselstrom umwandeln – ausreichend. Dies hat zur Folge, dass über die LVRT-Fähigkeit ganzer PV-Kraftwerke, also einem Verbund von mehreren Wechselrichtern, bis vor kurzem lediglich Simulationsrechnungen vorlagen.

Um Untersuchungen im Feldtest an einem großen Solarpark mit mehreren Wechselrichterstationen durchführen zu können, haben die Freiburger Forscher einen LVRT-Prüfcontainer der Fa. windtest grevenbroich gmbh (wtg) eingesetzt, der sonst v. a. zur Vermessung von Windkraftanlagen herangezogen wird. Die mehrwöchige Testkampagne im April wurde in Kooperation mit dem Wechselrichterhersteller, KACO newenergy GmbH, und dem Parkbetreiber, BES new energy GmbH, sowie in Absprache mit dem örtlichen Energieversorger, der EnBW AG, durchgeführt.

Um das Verhalten des Solarparks während der LVRT-Prüfungen im Detail untersuchen zu können, wurde ein aufwändiges, mobiles Messsystem entwickelt und für den Zeitraum der Prüfungen im Energiepark Dürbheim installiert. »Die Herausforderung bestand darin, die Ströme und Spannungen der fünf räumlich verteilten Wechselrichterstationen hochauflösend und exakt synchron zu erfassen«, berichtet Gregor Dötter, der das Forschungsprojekt am Fraunhofer ISE leitet. »Wir setzen daher an den einzelnen Messstationen GPS-Sensoren ein, wodurch es möglich ist, jedem Messwert einen sehr genauen Zeitstempel zu geben. Die Messwerte werden anschließend mittels einer Richtfunkstrecke über mehrere hundert Meter zu einem zentralen Messrechner übertragen.« Dort können die Forscher das Verhalten jedes einzelnen Wechselrichters live verfolgen, die Ergebnisse der Tests analysieren und mit den zuvor gemachten Simulationsrechnungen vergleichen.

»Das neue Messsystem ist für uns ein sehr wertvolles Werkzeug für die Analyse des komplexen Zusammenspiels der einzelnen Wechselrichter untereinander«, so Sönke Rogalla, Leiter der Arbeitsgruppe Zentralwechselrichter und Solare Kraftwerke am Fraunhofer ISE. »Wir können so Solarparks viel genauer unter die Lupe nehmen und die Simulationsmodelle für deren Bewertung hinsichtlich ihres Verhaltens bei Netzfehlern weiter verfeinern und optimieren. Dies hilft uns auch bei der Entwicklung verbesserter Regelstrategien um Solarparks als zentrale und zuverlässige Bausteine unserer zukünftigen Energieversorgung zu etablieren.«

Der Energiepark des im Süden Baden-Württembergs am Fuß der Schwäbischen Alb gelegenen Dürbheim umfasst eine fünf Megawatt große Solaranlage. Er liegt auf einem ehemaligen NATO-Gelände, versorgt 1500 Haushalte mit Strom und ist gleichzeitig eine Forschungsplattform.

Das Fraunhofer ISE entwickelt seit mehr als 30 Jahren sehr erfolgreich hocheffiziente Leistungselektronik für erneuerbare Energien und Industrieanwendungen. Das Projekt zur »Verifikation der dynamischen Netzstützung durch PV-Anlagen bei Fehlern im Mittelspannungsnetz« wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) sowie der beteiligten Wechselrichterhersteller und dem Betreiber des Energieparks Dürbheim finanziert. Im weiteren Projektverlauf sind weitere Labor- und Feldtestkampagnen mit den beteiligten Wechselrichterherstellern, AEG Power Solution, BONFIGLIOLI VECTRON GmbH und KOSTAL Solar Electric GmbH, geplant. Dabei sollen u. a. auch zusätzliche Möglichkeiten zur Netzstabilisierung durch Solarparks und deren Wechselrichter untersucht werden, die über heutige Anforderungen hinausgehen. Um den Umbau unserer Energieversorgung hin zu einer vollständigen Deckung durch erneuerbare Quellen zu ermöglichen, sollen diese weiter erforscht werden und in zukünftige Richtlinien einfließen.

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