Projektabschluss »Flex4Energy«: regionaler Energiehandel statt neuer Kabel

Die dezentrale Erzeugung von Energie aus Sonne, Wind und Wasser ist eine Herausforderung für die Stromnetze, sie kann sogar zu zeitweisen Engpässen und Spannungsproblemen führen. Das Forschungsprojekt »Flex4Energy« hat untersucht, wie Energiespeichersysteme solche Engpässe im Netz vermeiden können, indem sie kurzfristig elektrische Leistung bereitstellen. Diese Flexibilität kann auf einem im Rahmen des Projekts entwickelten Marktplatz gehandelt werden. Das Verbundvorhaben wird von der StoREgio GmbH geleitet, Projektpartner sind neben dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE, die Hochschule Darmstadt, die ENTEGA AG Darmstadt und ADS-TEC. Am 16. März präsentierten sie die Ergebnisse in Darmstadt.

Quartiersspeicher
© Fraunhofer ISE
Ein sogenannter Quartiersspeicher puffert im Neubaugebiet Groß-Umstadt die Stromerzeugung der PV-Dachanlagen.

Die Grundidee von »Flex4Energy« ist die Nutzung sogenannter Flexibilitätspotenziale – d.h. die Möglichkeit, Energie zu speichern oder abzugeben – von Batteriespeichersystemen, KWK-Anlagen und steuerbaren Lasten. Durch die zunehmende Verbreitung von Batteriespeichersystemen und die bessere Steuerbarkeit von Anlagen im Zuge der Digitalisierung entstehen immer mehr lokale Flexibilitätspotenziale im Netzgebiet. Ein Beispiel sind PV-Heim-Speicher, die im Winter nicht ausgelastet sind. Die »Flex 4Energy«-Projektpartner entwickelten einen Marktplatz, auf dem gezielt regionale Energiedienstleistungen gehandelt werden können. Netzbetreiber können dort von den Betreibern flexibler Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen oder Speichersystemen gezielt Unterstützung einkaufen. So wird die Versorgung mit Strom gewährleistet und gleichzeitig werden die Kosten für einen Ausbau der Netzinfrastruktur gespart.

Während technisch der Nutzung dieser Flexibilitätspotenziale nichts im Wege steht, existieren bisher keine Marktinstrumente, über die die beteiligten Akteure Nachfrage und Angebote unkompliziert und in Übereinstimmung mit den geltenden Rechtsvorschriften handeln können. Diese Lücke hat »Flex4Energy« geschlossen. Erstmals erprobt wurde der Handel mit regionalen Flexibilitätspotenzialen im Netzgebiet der ENTEGA in einem Neubaugebiet in Groß-Umstadt. Ein Batteriespeichercontainer von ADS-TEC dient hier als sogenannter Quartiersspeicher zur Pufferung der Energieerzeugung der Solaranlagen auf den Hausdächern. Seine noch verfügbaren Leistungsreserven kann der Speicher als Flexibilitätspotenziale auf dem Marktplatz anbieten und so ein zusätzliches Einkommen erwirtschaften. Das Fraunhofer ISE hat zusammen mit ADS-TEC untersucht, wie sich diese zusätzliche Nutzung auf die Lebensdauer der Batterie auswirkt. Sie stellten dabei fest, dass die ausgewählten Zellen des Batteriespeichers in den untersuchten Betriebsszenarien über die Zeit deutlich weniger Alterung zeigen als erwartet. »Der entwickelte Algorithmus zur Vorhersage der anwendungsspezifischen Alterung kann hierbei als Grundlage für die Optimierung der Lade- und Betriebsführungsstrategien genutzt werden«, so Dr. Matthias Vetter, Abteilungsleiter für Elektrische Energiespeicher am Fraunhofer ISE.  Das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE hat die kritische Frage untersucht, inwieweit durch die Anbindung vieler dezentraler Anlagen an solche Marktplätze Probleme für einen sicheren Netzbetrieb entstehen könnten, und wie geeignete Sicherheitskonzepte zu implementieren wären. StoREgio widmete sich den regulatorischen Hürden für den Betrieb eines Flex4Energy-Marktplatzes und der Wirtschaftlichkeit. Die sechs Partner aus drei Bundesländern haben drei Jahre in dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit rund drei Millionen Euro geförderten Projekt gearbeitet.

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